Mineral des Jahres 2020

Der Wulfenit


Franz Xaver Freiherr von Wulfen

Das Mineral Wulfenit ist nach Franz Xaver Freiherr von Wulfen (5. November 1728, Belgrad, Serbien – 16. März 1805, Klagenfurt, Österreich) benannt. Wulfens Vater, Christian Friedrich von Wulfen, war ein hochrangiger Leutnant in der Österreichischen Armee, seine Mutter, geb. Mariassy, war eine ungarische Gräfin.
Wulfen besuchte das Gymnasium der Jesuiten in Košice in der Slowakei. Mit 17 Jahren (1745) trat er in den Jesuiten-Orden in Wien ein. Nach den zwei üblichen Jahren als Novize studierte er Latein, Griechisch und Philosophie, zeigte aber auch großes Interesse an Mathematik und den Naturwissenschaften. 1753 nahm er eine Stelle als Lehrer im italienischen Gorizia an und 1754 wurde er Lehrer an der Theresianischen Akademie in Wien. 1755 begann er mit dem Theologiestudium in Graz, später lehrte er Mathematik und Philosophie in Ljubljana in Slowenien. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 1763 kam er nach Klagenfurt, wo er bis zu seiner Pensionierung 1768 als Lehrer für Physik, Mathematik, Logik und Metaphysik tätig war. Wulfen starb 1805 in Klagenfurt an Lungenentzündung.
 

Die handkolorierten Wulfenit-Illustrationen von Joseph Melling (1724-1764)

 
Ursprünglich wurde das Mineral Wulfenit um 1772 als „plumbum spatosum flavo pellucidum, ex Annaberg, Austria“ vom Mineralogen und Metallurgen Ignaz von Born (1742 - 1791) bezeichnet. 1781 benannte der Botaniker Nikolaus Joseph von Jacquin  (1727 - 1817) das selbe Mineral als “Minera plumbi spatosa Carinthica”. Das Mineral wurde von Franz Xaver Wulfen 1781 und 1785 in „Kärnthnerischer Bleyspath“ nochmals umbenannt. Den endgültigen und heute gültigen Namen „Wulfenit“ erhielt das Mineral im Jahr 1845 vom Mineralogen Wilhelm Karl von Haidinger (1795 - 1871) zu Ehren von Franz Xaver Wulfen, der eine Monographie über die Bleierze von Bleiberg in Kärnten, Österreich, verfasst hatte.
 
Wulfen selbst stellte eine umfangreiche Sammlung von Naturobjekten zusammen, die er rund um Klagenfurt gesammelt und zusammengetragen hatte. Darunter befand sich auch eine Mineraliensammlung, die heute allerdings als verschollen gilt. Seine Studien wurden in einer Reihe von illustrierten Publikationen veröffentlicht. Eines seiner ersten Bücher, Abhandlungen vom kärnthnerischen Bleyspathe, wurde 1785 veröffentlicht. Die insgesamt 46 Wulfenit- und andere Bleimineralabbildungen sind detailreiche handkolorierte Illustrationen von Joseph Melling (1724 - 1764). Die Originalzeichnungen zu diesem Werk befinden sich im Naturhistorischen Museum Wien. (Fotos: NHM Wien, Alice Schumacher)


Wulfenia Carinthica

Das Naturhistorische Museum Wien beherbergt das Typus-Exemplar der Wulfenia carinthiaca Jacq., welche von Franz Xaver Wulfen in 1779 erstmals aufgesammelt wurde. Es ist eine von nur 4 Arten einer sehr seltenen Pflanzengattung, die in den Südost-Alpen und den Gebirgsregionen am Balkan und in Anatolien vorkommt. Die Pflanze gehört zur Familie der Plantaginaceae oder Wegerichgewächsen. Am Gartnerkofel in den Karnischen Alpen an der österreichisch-italienischen Grenze ist die Wulfenia endemisch.
 
Seit seinem 22. Lebensjahr war Wulfen der Botanik verfallen. Um neue Arten zu finden, bestieg er oft die höchsten Alpengipfel, darunter den Großglockner.
 
Wulfens botanische Studien sind geprägt von seiner guten Beobachtungsgabe und exakten Beschreibungen. Auch diese erschien als Druckwerk: Franz Xaver Freiherrn von Wulfens Flora norica phanerogama, 1858, Gerold-Wien und Plantarum rariorum descriptiones, 1805, Lipsiae Schaefer.  Das persönliche Herbarium von Wulfen befindet sich in der Botanischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien. Es beinhaltet 8.500 Objekte, die hauptsächlich aus Europa, speziell aus der Gegend vom kärntnerischen Gorizia, Nordwest-Italien und Slowenien stammen.
Das Foto zeigt ein Typexemplar aus dem Herbarium von Wulfen in der Botanischen Abteilung des NHM Wien.
(Foto: NHM Wien, Heimo Rainer)


Mineralienbörse in Tucson, Arizona

Das Mineral Wulfenit, mit der chemischen Formel PbMoO4, war bereits im Jahr 2019 Thema der Sonderausstellung bei der Mineralienbörse in Tucson, Arizona: „Wulfenite Special Exhibition at the TGMS, February 14 - 17, 2019“.
Für das Naturhistorische Museum Wien hat Dr. Vera M. F. Hammer dazu eine Vitrine über das österreichische Mineral Wulfenit gestaltet. (Foto: NHM Wien, Vera Hammer)

NHM Wien

Im Naturhistorischen Museum Wien sind Wulfenite der weltweit bekannten Vorkommen im Saal 3 (Vitrinen 70 bis 72) ausgestellt.



Zur Nachlese

Hammer, V. M. F. (2019): The Austrian Mineral Wulfenite - Special Exhibition at the TGMS 2019. The Mineral Observer, Mineralogical Almanac, 24/2, 90-91.
 
Klemun, M. (1989): Franz Xaver Freiherr von Wulfen – Jesuit und Naturforscher. Carinthia II, 179./99., 5-17.
 
Neumeier, G. (2019): Who's Who in Mineral Names: Franz Xaver Freiherr von Wulfen (1728–1805). Rocks & Minerals, 94 (1), 88-91.
 
Niedermayr, G. (1989): Der Wulfenit – ein Kärntner Mineral? Carinthia II, 179./99., 29-45.
 
Prasnik, H. (2016): Die Wulfenit-Vorkommen Kärntens. Eine Zusammenstellung aus Anlass eines ungewöhnlichen Jubiläums. Carinthia II, 206./126., 141-156.
 
Schroll, E. (1985): Franz Xaver Freiherr von Wulfen – 200 Jahre Wulfenit. Mitt. Österr. Mineral. Ges., 131, 121-127.
 
Schroll, E. (2003): Die Geschichte vom Wulfenit. Ber. Geol. B.-A., 64, 69-70.
 
Link: https://www.mineraldesjahres.at/

Portrait Franz Xaver Freiherr von Wulfen: Portrait Franz Xaver Freiherr von Wulfen
Portrait Franz Xaver Freiherr von Wulfen
„Gelbbleierz“, Wulfenit aus Bleiberg: „Gelbbleierz“, Wulfenit aus Bleiberg
„Gelbbleierz“, Wulfenit aus Bleiberg
Handkoloration von Joseph von Melling: Handkoloration von Joseph von Melling
Handkoloration von Joseph von Melling
Handkoloration von Joseph von Melling: Handkoloration von Joseph von Melling
Handkoloration von Joseph von Melling
Wulfenit aus Bleiberg: Wulfenit aus Bleiberg
Wulfenit aus Bleiberg
Typexemplar der Wulfenia carinthiaca Jacq. : Typexemplar der Wulfenia carinthiaca Jacq.
Typexemplar der Wulfenia carinthiaca Jacq.
Ausstellungsvitrine, Tucson Gem & Mineral Show, 2019: Ausstellungsvitrine, Tucson Gem & Mineral Show, 2019
Ausstellungsvitrine, Tucson Gem & Mineral Show, 2019
  
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